Hochhackige Stiefeletten

Ich kann mich einfach nicht beherrschen. Wenn das so weitergeht, muss ich um Versetzung nachsuchen, oder ihr zu Füßen fallen, oder sie in mein Büro schleppen und über den Schreibtisch legen. Letzteres wäre ziemlich unangebracht – denn die Wände meines Büros sind (fast) alle aus Glas. Man sieht also alles, was drinnen passiert, und ich sehe alles, was draußen passiert. Und genau das ist das Problem.

Oder um genauer zu sein – die neue Mitarbeiterin ist das Problem. Wobei man eigentlich nicht sagen kann, sie ist ein echtes Problem. Sie macht sich sehr gut als Sekretärin, und obwohl sie erst ein paar Wochen bei uns ist, hat sie sich doch schon beinahe unersetzlich gemacht.

Aber – ihre Kleidung…

Nein, ihr dürft mich jetzt nicht falsch verstehen. Sie läuft nicht herum wie eine graue Maus mit Schlabberpulli und Gesundheitslatschen. Im Gegenteil, sie ist immer sehr schick gekleidet.

Auch nicht aufreizend, mit offenen Blusenknöpfen bis zum Bauchnabel oder ultrakurzen Röcken, die gerade mal die Pokerbe bedecken. Man kann es wirklich nicht sagen, dass sie es mit ihrer Kleidung nun darauf anlegt, die Männer in der Firma zu verführen; dazu ist alles viel zu dezent.

Bloß hat sie eine Eigenart, und die bringt mich langsam, aber sicher total um meinen Verstand – sie trägt jeden Tag hochhackige Schuhe.

Und zwar nicht einfach nur irgendwie Schuhe mit hohen Absätzen, sondern richtige High-Heels.

Während die anderen Frauen zwar auch mal hohe Absätze tragen, ist das aber ganz bestimmt nicht jeden Tag. Die meisten bevorzugen Ballerinas oder zwar auch mal hochhackige Schuhe, allerdings höchstens mit ein paar wenigen Zentimetern Absatz. Über fünf, sechs, sieben Zentimeter Absatz geht das nie hinaus.

Doch sie erreicht die zehn Zentimeter mit ihren Stiletto Heels und übertrifft sie sogar noch um einiges.

Ich bekomme von ihr jeden Tag hohe Absätze und spitze Absätze von zehn Zentimetern und mehr zu sehen, ich bekomme Pumps zu sehen, und ich bekomme Stiefel zu sehen; noch ist es ja Winter und für Sandaletten zu kalt, aber ich bin sicher, im Sommer werde ich auch die durch meine Glaswand bewundern können.

Dabei beweist sie enorme Abwechslung; fast jeden Tag trägt sie neue High-Heels, kaum dass man mal ein paar High-Heels mehrfach sieht an verschiedenen Tagen. Ihr Schuhschrank zu Hause muss aus allen Nähten platzen.

Man merkt es sicher bereits – High-Heels sind mein Fetisch. Ich hänge dem Fetisch High-Heels schon seit vielen Jahren nach, und wenn eine Frau High-Heels trägt, dann macht mich das rasend.

Immer wenn ich eine Frau in High-Heels sehe spüre ich den grenzenlos starken Wunsch, mich ihr zu Füßen zu werfen und ihre Füße in den Stilettos zu küssen. Es ist eine Versuchung, der ich normalerweise recht gut widerstehen kann. Ich bin nicht gerade dafür bekannt, mich vor allen Frauen in High-Heels auf offener Straße zu Boden zu werfen und dann ihre Schuhe zu küssen.

Aber bei ihr, bei der neuen Mitarbeiterin, wird die Versuchung langsam zu stark.

Denn sie kommt nicht nur einmal am Tag an meinem Büro mit den Glaswänden vorbei, sondern mindestens ein Dutzend mal oder öfter. Ihr Chef schickt sie ständig irgendwohin, und so ist sie konstant unterwegs, auch in dem Flügel des Gebäudes, in dem ich mein Glas-Büro habe.

Schon wenn ich das typische Klacken ihrer spitzen Absätze auf unserem harten Steinboden höre – es gibt keinen Teppichboden, der das Stiletto Klacken dämpfen könnte – fängt mein herz wie wild an zu klopfen, und in meiner Hose wird es enger und enger. Mir bricht der Schweiß aus, und was ich auch gerade tue, ich muss es unterbrechen und starre nach draußen auf den Gang.

Tief genug unten, ihre High-Heels sehen zu können.

Wenn sie dann wieder fort ist, dauert es noch ewig, bis meine Erregung sich wieder gelegt hat. Und manchmal kommt sie erneut bevor, bevor es soweit ist. Diese Tage sind besonders schlimm.

Dabei habe ich noch nie ein Wort mit ihr gewechselt; ich sehe sie immer nur, sie und ihre High-Heels.

Weil ihre High-Heels mich tagsüber so oft in meiner Konzentration stören, muss ich nun abends oft Überstunden machen, um das Versäumte nachzuholen.

Eines Abends sitze ich wieder einmal auch um halb neun noch an meinem Schreibtisch. Auf einmal höre ich erneut dieses Klacken.

Machte etwa auch sie Überstunden? Sonst war kaum noch jemand da in der Firma. Das gibt mir den Mut aufzustehen und mich scheinbar lässig in den Türrahmen zu stellen, als ob ich gerade aufbrechen, aufs Klo gehen oder mir einen Kaffee holen wollte. Völlig unauffällig also.

Tatsächlich – sie ist es.

Sie zögert, als sie mich sieht, und nickt mir zu.

In diesem Augenblick kann ich einfach nicht anders; ich stürze zu ihr, werfe mich zu ihren Füßen – und als ich ihre herrlichen hochhackigen Stiefel in Augenhöhe habe, nähere ich mich den Lederstiefeln mit meinem Mund.

Meine Lippen berühren gierig das weiche Leder der Stiefelspitze, meine Hände schließen sich sehnsüchtig um hohe Absätze und einen glatten Stiefelschaft. Ich genieße diesen Stiefelkuss auf die High-Heels, die mich so lange gelockt und gereizt haben. Ich versinke im Geruch von Leder, ich versinke im Gefühl der High Heels.

Und ich koste diesen Kuss auf ihre hochhackigen Stiefel aus bis zum letzten. Bis ich an einer leichten Bewegung spüre, dass sie sich mir entziehen will.

Hastig rappele ich mich auf und sehe ihr kurz in die Augen, nun doch etwas beschämt über meine so plötzlich, so unpassend und so hemmungslos gezeigte Begeisterung für ihre High-Heels.

Sie lächelt.

Es ist dasselbe Lächeln, das ich auch am nächsten Tag zu sehen bekomme, als sie schon frühmorgens wieder mit ihren High-Heels an meinem Glas-Büro vorbei läuft, meinem Glashaus, das ich verfluche ebenso wie genieße und, in hochhackigen Stiefeletten, ganz kurz anhält und mich direkt anschaut.